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Wednesday, November 11, 2015

Annex 2 - Willkomm - Botanische Berichte aus Spanien

Eine Botanisch-Zoologische Rundreise auf der Iberischen Halbinsel.
Auf der Suche nach der Verlorenen Zeit
Von Horst Engels



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Botanische Berichte aus Spanien.
Von
Moritz Willkomm.

14. Cadiz, im März 1846.

Um den Winter nicht unbenutzt vorübergehen zu lassen, beschloss ich einen Ausflug nach dem südlichsten Theil Von Portugal oder dem Königreich Algarbien zu machen; das einzige Stück der Südküste der pyrenäischen Halbinsel, welches mir bisher noch unbekannt geblieben war. Ich schiffte mich folglich am 9. Januar auf einem kleinen, Küstenfahrhrzeuge ein, das nach Ayamonte bestimmt war, von wo aus ich zu Lande nach Algarbien zu gehen beabsichtigte. Der günstige Nordwind, welcher unser Segel schwellte, als wir die Bai von Cadiz verliessen, setzte leider, bald nachdem wir die Mündung des Guadalquivir passirt hatten, in Südwest um und nöthigte uns, als kaum die Sonne in den purpurn flammenden Wogen des Atlantischen Oceans versunken war, in dem Seearme oder Kanal von Huelva ein Asyl gegen den herannahenden Sturm zu suchen, welcher auch bald losbrach und, vom heftigen Regenwetter begleitet, über 3 Tage anhaltend, uns weder eine Fortsetzung der Reise noch irgend ein Anlanden gestattete. Erst später fand ich Gelegenheit, die nahe befindlichen niedrigen, meistens aus Flugsand bestehenden und von
tiefen Salzmorästen umringten Ufer des Kanals und die in seiner Mündung liegenden Sandinseln zu betreten, die jetzt aber keine Ausbeute von Bedeutung darboten. Sie sind von verkrüppelten Pinien bedeckt, in deren Schatten ein üppige: Unterholz von Tamarisken, Rosmarin, Cistineen, Juniperus macrocarpa Salzm., J. oxycedrus L., Spartium junceum L., Sarothamnus affinis Boiss. und Rhamnus infectorius L. wächst, unter dem bereits hier und da Lavendula Stoechas, Helichryson Stoechas

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und Malcolmia parviflora zu blühen begannen. In den salzigen Niederungen der Insel, wo die Torre de Larenilla, ein Douanposten, steht, blühte bereits Polygonum marinum, sowie auf ihren Dünen längs des Kanals die schöne strauchartige Armenia pungens Lk. Hoffm. in grosser Menge wuchs, die ich sehr bedauere nicht in ihrer Blüthenzeit beobachtet zu haben. Durch die ganze Insel zerstreut sah ich auch grosse Sträucher von Empetrum album L. eben in voller Blüthe, ein Strauch, den ich mich auch in den Umgebungen der Bei von Cadiz bemerkt zu haben erinnere, und welcher sich an den Sandufern des Guadiana portugiesischer Seits wiederfindet. Von Cistineen fingen schon Helianthemum halimifolium und Cistus ladaniferus ihre schönen grossen Blumen zu entwickeln an und versprachen einen zeitigen Frühling. Die letztgegenannte der Cistineen beginnt sich von hier an, je weiter gen W. und N., desto häufiger zu zeigen, bis sie die Wellenherge der Sierra Morena fast ganz überzieht, in welcher sie bekanntlich weit gen O. vordringt. Die Sanddünen des westlichen Kanalufers und des Oceans fand ich dicht bekleidet von der strauchartigen Artemisia crithmifolia L., einer schönen Art mit fleischigen fiederspaltigen Blättern. Durch widrigen Wind und fortwährendes Regenwetter aufgehalten, konnte ich von Huelva, wohin ich mich begehen hatte, da es dem Schiffe unmöglich war, seinen Ankerplatz zu verlassen, erst am 23. Januar aufbrechen, an welchem Tage ich mich zu Lande nach Ayamonte begab. In den anmuthigen Pinienwäldern, welche die Küste zwischen den in Orangenhainen begrabenen Städtchen Lepe und Ayamonte weit und breit bedecken, blühte der eigenthümliche Ulex Boivini Webb in großer Menge, ein zierlicher Strauch, den ich einige Monate früher für U. genistoides Brot. gehalten hatte, von dem er sich aber theils durch seinen ganzen

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Habitus, theils und namentlich durch seine viel kleineren und kahlen Hülsen unterscheidet, während U. genistoides längere und von braunen Wollenhaar bekleidete Hülsen besitzt. Auch zeigte sich hier und da schon die hübsche Ixia ramiflora Ten.‚ welche ich ein Jahr früher bereits in den Umgebungen von Cadiz gesammelt hatte, und die sich von Malaga an durch ganz Westandalusien und Algarbien findet, und in den Gebirgen bis zu einer Höhe von 4000’ emporsteigt.
In Folge des vorhergegangenen frühlingsarmen Regenwetters machte sich in den anmuthigen Umgebungen der freundlichen Stadt Ayamonte, deren blendendweisse Häuserreihen sich malerisch um den letzten Vorsprung der Sierra Morena, welche das linke Ufer des majestätischen Guadiana begrenzt, terrassenförmig ausbreiten, eine bedeutende Entwicklung in der Vegetation bemerklieh. An den steilen Abhängen des aus einer eisenfesten Breccie bestehenden Hügels, auf dessen Gipfel sich die Ruinen eines ehemaligen Forts befinden, blühte Anagyris foetida in grosser Menge, die zahlreichen Mandelbäume prangten überall mit ihren grossen, röthlichweissen Blumen, Felder und Triften erschienen besäet von blühenden Cruciferen, wie die zierliche schlanke Brassica arenaria Brot., verschiedene Arten von Diplotaxis, Raphanus Raphanistrum, Malcolmia parviflora, Alyssum campestre, ferner von Nonnea pullaCynoglossum clandestinum, Salvia Verbenaca, Calendula arvensis, Thrincia grumoxa Brot., Linum agreste Brot., Silene bipartita Desf., Fumaria agraria Lag.; an (Gräben und feuchten Plätzen wucherten Borago officinalis und Narcissus niveus Lois., und auf feuchtem Gerölle, namentlich unter Feigenbäumen, entwickelte das schattenliebende Smyrnium Olusatrum bereits seine grüngelben Holden, so wie hier auch eine schöne knollige Oxalis mit grossen gelben Blumen in Menge wuchs. Durch die Becken von Anagyris foetida, Sarothamnus affinis, Rhamnus Alaternus, Atriplex Halimus und andern südlichen Sträuchern wand ein zerbrechlicher schon blühender Sonchus seine schlanken blätterarmen Stengel, und auf sandigen, von dornigen Genisten bedeckten Plätzen machte sich schon von fern die prächtige Erophaca baetica Bois. durch ihre grossen Trauben gelbweisser‚ von purpurnen Kelchen umschlossener Blumen bemerklich. - Parallel mit dem theils aus gelben Sandstein, theils aus der schon erwähnten Breccie bestehenden Hügelkamme, welcher sich von der Mündung des Guadiana weit gen O. an der Küste hin erstreckt, aber getrennt durch das flache morasterfüllte Thal des Valdejudia, eines unbedeutenden, aus den Bergen von Villablanca kommenden

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Baches, erheben sich die ersten Schieferhügel mit jeder Meile immer höher ansteigenden Sierra Morena, die noch theilweis von schlanken jungen Pinien bewaldet sind. Hier blühte häufig eine kleine Diplotaxis? in Gesellchaft von Ixia ramiflora, Bellis annua, Thrincia grumosa und Linum agreste; im Unterholz zeigten sich hier und da schon die grossen rosenrothen Blumen von Cistus albidus, und in den Wassergrähen der von einer verblühten Herbstvegetation von Salsolaceen, Chenopodiaceen und Plumbagineen erfüllten Moräste des Valdejudia schimmerten schon von fern die zahlreichen weissen Blumen schwimmender Wasserranunkeln.
Nach achttägigem Aufenthalte begab ich mich auf das portugiesische Ufer hinüber und wählte die 9 leguas von der Mündung des Guadiana entfernte Hauptstadt Algarbiens, Faro, zu meinem ersten Standquartier. Bevor ich von der vegetativen Physiognomie Algarbiens spreche, halte ich es, um mich später nicht wiederholen zu dürfen, für gut, hier einige allgemeine Bemerkungen über die geognostischen Verhältnisse dieses kleinen interessanten Ländchens vorauszuschicken‚ welches ich während einer dreiwöchentlichen Reise fast in allen seinen Theilen kennen zu lernen Gelegenheit gehabt habe. Das kleine Königreich Algarhien, das kaum einen Flächenraum von 100 Quadrat M. einnimmt, zerfällt sehr natürlich in drei mit der Südküste parallel laufende Streifen oder Gürtel, welche das Volk sehr genau und richtig unterscheidet, und mit den Namen: cousta, Küstenstrich, barrocál, Hügelland, und serra, Gebirge, bezeichnet. Der etwa 1,5 bis höchstens 2 Stunden breite Kiistenstricb besteht aus losen Sande; nur in der Gegend von Faro verdichtet sich der feine Flugsand zu einem weichen, gelben, rothgeaderten Sandstein, welcher einige Stunden weiter westwärts, doch blos dicht am Rande durch den fortwährenden Wogenschlag der Brandung im Laufe von Jahrtausenden eine festere Consistenz angenommen hat, und von der Stadt Albufeira an bis an das weit in den Ocean vorspringende Cabo de São Vicente die Küste in Gestalt schroff in die Fluth hinabstürzender seltsam zerrissener Felsen fast auf allen Punkten umringt, und dadurch der Südwestküste Portugals ein ausserordentlich pittoreskes Ansehen verleiht. Trotz der anscheinenden Unfruchtbarkeit dieses Landstriches ist die cousta doch gerade der volkreichste und am meisten bebaute Theil Algarbiens, und namentlich von der Mündung des Guadiana bis Faro hat der unermüdliche Fleiss der sonst wenig civilisirten Bewohner diese Sandwüste in ein paradiesisches Gartenland

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Grosse von dem losen Flugsand halbverwehte Orangerie- und Citronenplantagen liegen in der Nähe des an der Mündung des Guadiana Ayamonte gegenüber erbauten Städtchens Villareal de Santo Antonio zwischen den häuserhohen Dünenreihen versenkt, deren blendendweisse kahle Kämme bei Nacht gleich gewaltigen Schneemassen in dem hellen Silberlicht des südlichen Mondes glänzen. Wahre Wälder breitästiger reichbelaubter Johannisbrodbäume und dunkler Oliven wechseln mit Plantagen von Feigen und Orangen, mit Weingärten und Gemüseland ab, getrennt von hellgrünen Weizensaaten, die von Maulheer- und Mandelhäumen umringt sind, und das ganze baumreiche, einem immergrünen Walde vergleichbare Land, über dessen dunkle Blätterkronen hier und da eine stolze Palme ihr im lauen Luftzuge graciöe nickendes Blattgefiedcr erhebt, wimmelt von zahlreichen Landhäusern und freundlichen Ortschaften, deren gutgebaute Häuser den Wohlstand ihrer Bevölkerung bezeugen. Fast eben so schön gebaut ist das wasserreiche Hügelland, welches den Mittelraum zwischen den eben beschriebenen Küstenstrichen und den höher ansteigenden Gebirgen Algarbiens ausfüllt. Dieses Hügelland, dessen höchste Kuppen kaum 1000 Fuss überschreiten, ist ausserordentlich coupirt, und besteht theils aus Kalk, theils aus breccienartigem Geschiebe, theils aus grossen Lagern von Kalktuff, Mergel, Thun und Kies, welches schon der portugiesische Name barrocál {aus barro (Thon), Mergel,
und cal (Kalk) zusammensetzt} anzudeuten scheint. Wegen der Gestaltung dieses Landes liegen hier grosse Strecken unangebant, aber bedeckt von einer vielfach zusammengesetzten Strauchvegetation; dagegen zeichnen sich die Thäler, Schluchten und Abhänge der Berge durch ihre vielfache Cultur aus, von welcher vorzüglich die Feigenbänme einen Hauptzweig ausmachen, und namentlich bilden die wasserreichen aus Kalktuff bestehenden Umgebungen des reizend gelegenen Städtchens Loulé einen der schönsten Punkte der ganzen pyrenäischen Halbinsel. Einen von den beiden schon geschilderten Zonen grell abstechenden Charakter besitzen die dunkelgrünen, unwirthbaren Wellenberge der Serra. Diese ist die Fortsetzung des Hanptstocks der Sierra Morena, welche auch einen grossen Theil der an Algarbien grenzenden Provinz Alem-Tejo erfüllt. Sie besteht grösstentheils aus Granwacke und Thonschiefer, nur in ihrem westlichsten Theil wird sie von den gewaltigen Granit- und Basaltmassen der ernsten und kalten Serra de Monchique durchbrochen‚ welche die Schieferformatinn der Sierra Morena weit auseinander gedrängt hat und wie eine hohe Felseninsel in dem sie auf allen Seiten umge-

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henden Meere grüner einförmiger Wellenberge emporsteigt. Nur wenige Ortschaften finden sich zerstreut in den Thälern des Gebirges, deren Bewohner sich meist von Kohlenbrennen, Bergbau, Viehzucht und der Verarbeitung des „esparto” und der Blätter von Chamaerops humilis, aus welchen die Frauen zierliche Arbeiten zu machen verstehen,
oder als „almocréves” (Maulthiertreiber) ernähren. Ich gehe nun zur detaillirtemn Schilderung der vegetativen Verhältnisse dieses eigenthünfliehen Ländchens über, wie sich mir dieselben im ersten Schmucke des herannahenden Lenzes darstellten.
Auf dem losen Flugsande der Villareal umringenden Dünen hob in jener Zeit die seltene Linaria lusitanica Brot. ihre dichtgedrängten gelbgrünen Blüthenähren empor, während ihre weit umherkriechenden zerbrechlichen, von fleischigen blaugrünen Blättern reich besetzten Stengel fast ganz im Sande vergraben lagen. Auch begann sich hier bereits die zierliche Linaria praecox Lk. Hoffmgg. zu zeigen, welche weiter weatwärts, namentlich um Faro, alle Fluren bedeckt und sich bis in die Gegend von Albufeira hinzieht, von wo aus bis an das Cap. S. Vicente sie durch die nicht minder elegante purpurblaue Linaria linogrisea Hoffmasgg. ersetzt wird. Außerdem beobachtete ich auf den Dünen von Villareal das schon erwähnte Empetrum album, ferner Artemisia crithmifolia, Scrophularia canina var. frutescens, Senecio crassifolius DC. in grosser Menge blühend, und in den feuchteren Niederungen Erodium cicutarium v. praecox Cuv., Stachys arvensis L., verschiedene Euphorbien und andere Strandpflanzen. Bald hinter dem von Pinien bekleideten) Höhenzuge, welcher die kahlen Sanddünen von Villareal und die das Westufer den Guadiana bedeckenden Salzmoräste von Castro-Marim von dem lachenden Gartenlande Tavira's scheidet, begann sich der allerliebste einblüthige Narcissus Bulbocodium L. zu zeigen, welcher sich namentlich in der Sandsteinformation von Faro und in den grasigen Niederungen des Algarbischen Scheidegebirges häufig wiederfindet und wahrscheinlich durch die ganze Sierra Morena weit gen O. geht. Auch finden sich die schon um Ayamonte beobachteten Winterpflanzen durch ganz Algarbien überall häufig. Auf den sterilen Sandsteinebenen im NO. von Faro, die gen O. in sumpfige salzige Niederungen übergehen, welche die Küste zwischen Faro und Olhão einnehmen, sammelte ich unter Gestrüpp blühender Ulex genistoides und verschiedener jetzt blütheloser Thymusarten ausser dem schon erwähnten Narcissus Bulbocodium und der hier häufigen Ixia ramiflora die wohlriechende Scilla odorata Brot., ferner die kleine Arenaria emarginata, eine

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kaum fingerhohe Art mit blassrothen ausgerandeten Blumenblättern, die aber, so wie das hübsche eben zu blühen beginnende Myagrum iberioides Brot. hier sehr sparsam vorkommt. Die üppigen, theils aus Agave, theils aus verschiedenen Sträuchern bestehenden Hecken waren durchschlungen von reichblüthigen Gewinden der Aristolochia subglauca Brot., die ich für eine blosse Form der A. baetica DC. halte, von der sie sich eigentlich nur durch die unterseits stark blaugrünen Blätter unterscheidet. Was die Agavehecken betrifft, so finde ich erwähnenswerth, dass in der Umgegend von Faro eine ausgezeichnete Varietät von Agave americana mit gelbgrünen dünnen, fast membranösen (blos 1 bis 2’’’ dicken) breiten Blättern wächst, die schon von fern durch ihr eigenthümliches Grün auffällt, und welche ich von Tavira bis nach Albufeira, doch blos im Küstenstriche, beobachtet habe. Ungefähr ¾ Stunden westlich von Faro beginnt ein ausgedehnter Wald uralter Pinien, der fast bis Albufeira die Strandgegend einnimmt. In seinem Schatten blühte die hübsche Erica umbellata L. sehr häufig, und namentlich in der Nähe von Faro fanden sich an waldentblössten sonnigen Stellen unter niedrigem Gebüsch von Ulex Boivini, U. genistoides, Erica umbellata, Cistineen u. s. w., die hübsche Scilla monophylla Lk. (Sc. pumila Brot.) nebst Helianthemum salicifolium und guttatum in Blüthe, und im Flugsande der benachbarten Weingärten ein fast stengelloses Erodium mit fein zertheilten purpurgrünen Blättern, Brassica sabulariaLinaria praecox, Lupinus hirsutus und L. angustifolius.
Am Morgen des 6. Febr. verliess ich die Hauptstadt von Algarbien, um dem „Barrocál” meine Aufmerksamkeit auf kurze Zeit zu widmen, wo ich das malerische Loulé zu meinem Aufenthaltspunkt wählte, und später über die Kupferbergwerke von Alte und São Bartholoméu dos Mossines nach der uralten Stadt Silves ging, der ehemaligen Residenz der Maurischen Könige „beider Algarbien”. Die gänzlich von Johannisbrodhäumen und verschiedenartigem Strauchwerk bedeckten steil abfallenden Hügel, welche diese Zone Algarbiens bilden, entsprechen nicht den Erwartungen, die die blumenreiche Küste in mir rege gemacht hatte. Hier und da zeigte sich die prächtige Erica australis L. in Blüthe, und in den Umgebungen der Dörfer, namentlich um Loulé und Alte blühte bereits die hier sehr gemeine und zu baumartigen Sträuchern emporwachsende Osyris quadripartita Salzm. in Gesellschaft von Anagyris foetidaViburnum Tinus, Rhamnus Alaternus und einer strauchigen Coronilla. Am Hügel der Kapelle de nossa Senhora de Piedade bei Loulé beobachtete ich bereits einige

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blühende Exemplare der schönen Ophrys atrata Lindl., und auf sumpfigen schlammigen Grasplätzen zwischen Alte und São Bartholoméu in Gesellschaft des überall gemeinen Narcissus niveus, eine gelbblühende und wohlriechende Art dieser Gattung mit mehrblüthigem hohlem Schaft und halbrunden hohlen binsenartigen Blättern, verschieden von N. Jonquilla und N. juncifolius, die ich später an ähnlichen Orten zwischen dem Gebirge und Lagos in grösserer Menge wiederfand. An grasigen Rainen und Ackerrändern blühte hier und da, wie im ganzen westlichen Algarbien - mit Ausnahme der Serra -, die polymorphe Salvia verbenacoides Brot., die hier die sonst gemeine S. Verbenaca ersetzt, sowie hier auch bereits Fedia Cornucopiae ihre purpurrothten Blüthenbüschel zu entwickeln begann. Das kleine und armselige Dörfchen Alte, dem aber die nahegelegenen, erst seit wenig Jahren eröffneten reichen Kupferminen eine glückliche Zukunft sichern, liegt bereits in den Vorbergen der Serra, welche hier grösstentheils aus Sandstein bestehen. In seinen Umgebungen bemerkte ich hier und da Narcissus juncifolius Lag., sowie ich hier zum erstenmal die schöne Erica lusitanica Lk. Hoffmsgg. beobachtete, die ich damals für E. arborea hielt, der sie im Habitus sehr ähnlich ist. In Wäldern von Quercus Ilex und Q. Ballota sprossten aus der lockern Lauberde die Wurzelblätter einer Paeonia hervor, die ich bedauere nicht in Blüthe gesehen zu haben. Zerstreut durch das Gebüsch der umliegenden Berge fanden sich hier, wie durch das ganze barrocál und das Gebirge Lithospermum prostratum und L. fruticosum, beide in Blüthe. - Da die Vegetation des Hügellandes noch nicht hinlänglich entwickelt war, um ein längeres Verweilen bedingen zu können, beschloss ich, der Serra, und namentlich dem wegen seines Kräuterreichthums vom Volk gepfiesenen Hochgebirge von Monchique einen flüchtigen Besuch abzustatten, und brach daher am 13. Febr. von Silves auf, um mich quer durch das Algarbische Scheidegebirge nach Monchigue zu begeben. Da wegen der grösseren Erhebung der Serra nicht zu erwarten stand, dass die Vegetation weiter vorgerückt sein dürfte, so ward ich nicht wenig von dem bunten Anblick des von bühendem Gesträuch bedeckten Gebirges iiberrascht, dessen dunkelgrüne Wellenberge schon von fern in rosigen, gelben und weissen Tinten schimmerten. Ein Blick auf das schiefrige Gestein und die mich umgebende Strauchvegetation überzeugten mich, dass dies Gebirge wirklich nichts als die Fortsetzung der Sierra Morena ist. Cistus ladaniferus herrschte hier, wie dort, allgemein vor, und schon gaukelten einzelne seiner grossen weissen

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purpurgefleckten Blumen an den Spitzen seiner schlanken Zweige. Die rothen und weissen Färbungen des Gebirges rührten namentlich von den beiden hier sehr gemeinen und eben in voller Blüthe stehenden Heidesträuchern, Erica australis u. E. lusitanica her, zwischen welchen eine grosse, strauchartige linienblättrige Genista mit verworrenen spinescirenden, von goldgelben Blumen übersäten Blumen in grosser Menge vorkam. Nach Uebersteiguug des letzten dieser blumenbedeckten Kämme, welcher durch die durchbrechenden Granitmassen der Serra de Monchique bedeutend über die übrigen Wellenberge emporgehoben werden ist, gelangt man in ein weites, von Kork- und andern Eichen erfülltes, sich allmählig immer mehr verengendes Thal, welches die beiden majestätiaehen Gipfel der Serra de Monchique‚ die Föia und Picóta von einander scheidet und in dessen höchstem Theile, am Abhange der Föia, umringt von schattigen Kastanienwäldern, das Gebirgssfldtädtchen Monchique in einer der romantischsten Lagen der Welt erbaut ist. Beim Aufstieg durch dieses Thal sammelte ich auf feuchtem Granitgerölle, und namentlich auch auf Mauern die schöne Linaria amethystea, und auf Saatfeldern Cardamine resediflora? nebst einer kleinen Valerianella und Draba verna.
Obwohl sich der höchste Gipfel der Serra de Monchique, die sanft gerundete Fóïa, nach portugiesischen Messungen nicht über 3800’ über den Spiegel des Oceans erhebt, so zeichnet sich doch dieses ganze Gebirge durch seine Kälte aus, weshalb der oberste Theil desselben bereits der subalpinischen Region angehört und eine Alpenvegetation zeigt, wie sie sich in den unter gleicher Breite liegenden Gebirgen des benachbarten Andalusiens erst in einer Höhe von 5-6000’ zu zeigen pflegt. Ursache von dieser auffallenden Erscheinung kann theils das Gestein sein, aus welchem sie besteht - (so zeichnet sich auch die kaum über 3000’ hoch liegende öde Granitebene im neutralen Theile der Sierra Morena durch ihre Kälte aus. Vgl. frühere Berichte) -, theils ihre eigenthümliche, den Stürmen von allen Seiten ausgesetzte Lage. Beinahe an der äussersten Südwestspitze Europa’s gelegen, auf zwei Seiten vom Weltmeer und auf den übrigen von viel niedrigeren Gebirgen umringt, ist sie allen Stürmen des Nordens und des atlantischen Oceans ausgesetzt, was wohl eine bedeutende Modificirung der phytogeographischen Zonen zur Folge haben muss. Dass die Alpenregion dieses Hochgebirges eine durch zufällige Einflüsse bedingte, gewissermaßen, ich möchte sagen, eine erzwungene ist, dafür scheint zu sprechen, dass in geschützten Schluchten des Gebüges , z. B. in der

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Schlucht des Baches, welcher unterhalb Monchique [von der Fóïa herabkommend, vorheiströmt, und deren Sohle kaum 1500’ tiefer liegt als der höchste Gipfel des ganzen Gebirges, Orangen- und Citronenhäume noch chen so gut gedeihen als in den Thälern des barrocál und an der Küste, während wenige 100 Fuss höher unser Nussbaum kaum mehr fortkommen will, welcher doch in Andalusien um die höchsten Dörfer der Alpujarras am Südahhange der Sierra Nevada, wie z. B. um das nahe an 6000’ hoch liegende Trevélez noch auf dns üppigste wächst, und in den Spalten der Basalt- und Granitfelsen des wenig entfernten Gipfels Saxifragen und andere alpinische Pflanzen vorkommen. Auf lockerer feuchter Lauberde der Kastanienwälder oberhalb Monchique blühte die schöne grossblumige Primula acaulis Brot. in ziemlicher Menge, und bereits hier traf ich zu meiner nicht geringen Ueberraschung üppige hohe Sträucher von Rhododendron ponticum L., welches ich den folgenden Tag bei Besteigung der Fóïa an den zahlreich herabrieselnden Alpenbächen bis an ihre auf den subalpinischen Wiesen an den Abhängen des Gipfels befindlichen Quellen verfolgte, und das nach der Aussage der Bewohner von Monchique auch die untern Theile des Gebirges bis in die Sohle des Weiten, die Fóïa und Picóta scheidenden Thales, wo Feigen- und Mandelbäume gedeihen, bedeckt haben soll. Dieser interessante Strauch des Orients, dessen Auftreten auf der pyrenäischen Halbinsel so auffallend ist, wo er, wenn ich nicht irre, zuerst von Mr. Barker Webb auf den Gebirgen von Algeciras entdeckt worden ist, dem einzigen bisher bekannten Standort der Halbinsel, wo ich ihn ebenfalls im vergangenen Jahre aufgefunden habe -‚ erstreckt sich hier folglich durch drei verschiedene Klimate, ohne eine merkliche Modificirung der Formen zu zeigen. Nur schmalblättriger ist er hier, aber um vieles häufiger als auf den Gebirgen von Algeciras, wo er sich nur in der Bergregion, und ebenfalls an den Bächen findet. Das Auffallendste aber war mir‚ dass er hier am 14. Febr. bereits zu blühen begann, während ich ihn das Jahr zuvor am 22. März auf den viel wärmeren Gebirgen von Algeciras mit kaum entwickelten Knospen angetroffen habe. Ich überlasse es einem andern, dem es durch längern Aufenthalt in Monchigue vergönnt ist, Beobachtungen über die klimatischen Verhältnisse dieses interessanten Gebirges anzustellen, dieses räthselhafte Phänomen zu erklären. Die sonstige phanerogamische Flora der Serra de Monchique war noch völlig unentwickelt; - nur hier und da blühte in den Felsspalten ein vereinzeltes Exemplar von Saxifraga granulata. An den Basaltfelsen der nördlichen

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Kuppe der Fóïa bemerkte ich die breitlanzettförmigen Wurzelblätter einer, nach den verdorrten Ueberresten zu schliessen, hochstengelichen und grossköpfigen Armeria und verschiedene Arten von Sedum. Dagegen waren die Felsen von einer Menge schon frnctificirender Flechten und einer Polster bildenden Frullania überzogen, sowie ich hier auch verschiedene Farren, als Blechnum spicantCheilanthes odora, Asplenium TrichomanesA. Adiantum nigrum und namentlich üppige Stücke von Asplenium Filix mas? beobachtete. Endlich findet sich hier, wie überall in dem Gebirge Algarbiens‚ und auch im Hügellande, das hübsche Lycopodium denticulatum in grösster Menge.
In einer engen waldigen Schlucht am südlichen Fusse der Picóta, welche ich nicht bestiegen habe, liegt in einem Haine hochstämmiger Orangen der durch seine heissen Schwefelqnellen berühmte Badeort as Caldas de Monchique. Seine Vegetation war in dieser Jahreszeit unbedeutend; doch sammelte ich hier auf feuchtem Gerölle eine schöne gracile Diplotaxis, sowie ich hier am Bach unterhalb des Badegebäudes mitten im Wald und scheinbar völlig wild einige Stauden der Colocasia antiquorum Schultes von wahrhaft riesigen Dimensionen fand. Diese Pflanze Aegyptens, welche auch in der Gegend von Malaga zwischen den Flecken Churriana und Torremolinos vorkommt, wo sie zuerst von Hänseler und Prolongo entdeckt und im Jahr 1837 auch von Boissier gesehen worden ist, der sie für einheimisch auf der Halbinsel hielt, habe ich leider nicht in Blüthe beobachtet. Bei Malaga, wo ihre riesigen Blätter den Namen „mantas de St. Maria" unter dem Volke führen, soll sie nach Prolongo's Aussage niemals zur Blüthe kommen.
Nach diesem flüchtigen Besuch der Gebirgsregion begab ich mich wieder nach der Küste und bereiste den zwischen dem Cap S. Vicente und Faro gelegenen Theil, welcher im Allgemeinen die schon beschriebene Küstenvegetation zeigt. Zwischen den Städten Lagos und Villanova de Portimão bemerkte ich das um Cadiz so gemeine Allium subhirsutum L. und die strauchartige Artemisia palmata L., zwei Pflanzen, die ich in Algarbien noch nicht gesehen hatte.
Bei meiner Rückkehr nach Ayamonte gegen Ende des Februar fand ich die Vegetation der Umgebungen dieser Stadt bedeutend vorgerückt. An den schattigen Abhängen des Kastellberges stand Smyrnium Olusatrum in voller Blüthe nebst Picridium vulgare Desf. und verschiedenen Synantheren aus den Gattungen Crepis und Carduus; auf den Hügeln blühten jetzt Cistus albidus, C. crispus u. C. salvifolius nebst Sarothamnus affinis Vahl in

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grosser Menge, und an einer Hecke fand ich, wiewohl sehr sparsam, die schöne Vicia villosa Brot. mit vollkommen entwickelten Blüthentrauben.

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