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Monday, December 12, 2016

Reisestationen (2.5.1a - Serra da Lousã - Botanisch-Zoologische Reisen - Iberische Halbinsel)

Eine Botanisch-Zoologische Rundreise auf der Iberischen Halbinsel.


Auf der Suche nach der Verlorenen Zeit


Von Horst Engels

Teil II - Reisestationen

Reisestationen der Botanisch-Zoologischen Rundreise um die Iberische Halbinsel





2.5 Die Nördlichen Gebirge Portugals (Northern Serras of Portugal)


2.5 Die Nördlichen Gebirge Portugals
2.5.1 Serra da Lousã und Serra do Açor
2.5.2 Serra da Estrela
2.5.3 Serra do Caramulo und Serra de Freitas
2.5.4 Serra do Marão und Alvão
2.5.5 Serra do Gerês
2.5.6 Serra de Montesinho und Nogueira
Tabellenkalkulation:
Datenbanken:
Kartenmaterial:
  1. Strand- und Steppengebiete (Karte von Moritz Willkomm)


Iberisches Scheidegebirge copy.jpg
Serra da Lousã, Serra da Estrela, Serra da Gardunha und Serra da Malcata.
(Karte: Atlas do Ambiente, 1995)


2.5.1 Das Schiefergebirge der Serra da Lousã



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Typisches Haus mit Holzbalkon der “Schieferdörfer”  (Aldeias do Xisto) der Serra da Lousã -  
. im Bild auch eine Korkeiche (Quercus suber). Candal, Serra da Lousã.



Gleich nachdem wir Coimbra auf der Nationalstrasse N17 (die alte Strasse der Beira in Richtung Guarda) in Richtung Serra da Lousã verlassen haben,  fällt uns die abrupte Änderung der Flora von einer basophilen kalkholden Flora der mesozoischen Bacia Lusitanica in eine acidophile der silikathaltigen Schiefer- und Grauwacken paläozoischer herzynischer Gebiete auf, in die wir uns nun begeben.

An den Felsen und Böschungen links der Nationalstrasse sehen wir Rumex induratus Boiss. und  Dianthus lusitanus Brot., die mit den intensiv rosa bis silbrig glänzenden Fruchtständen des Rumex induratus Boiss. & Reut. und den rosaroten Blütenständen der Stauden von Dianthus lusitanus Brot. ein unverkennbares Merkmal dieser neuen Landschaft bilden.




Rumex induratus Boiss. & Reut. an einer Böschung
nach einem der häufigen sommerlichen Waldbrände 
 
Rumex induratus Boiss. & Reut.


Wir begleiten den Rio Ceira,  der oberhalb von Coimbra in den Mondego mündet, entlang der Nationalstrasse N17. Sein klares Wasser zeigt uns an, dass die Papierfabrik in Lousã jetzt geschlossen ist. Der Fluss war jahrzehntelang durch Abwässer einer Papierfabrik, die in das von Lousã kommende Flüsschen Arouce eingeleitet wurden, milchig trübe. Wir machen deshalb einen kurzen Stop, um dieses jetzt wieder schöne Fließgewässer mit seinen Erlen- und Weidenbeständen aus der Nähe betrachten zu können.

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Rio Ceira, Coimbra

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Hier finden wir reiche Bestände des reliktären, aus dem Tertiär stammenden Königsfarns Osmunda regalis L. und auch die Stieleiche (Quercus robur), die hier im Rahmen der Existenz eines kleinen Streifens dieser Spezies in den Tälern des Mondego, Dão, Ceira und Alva (mediterraneTäler) vorkommt.
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Eleocharis spec.



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Silene spec.

Silene spec.

Stieleiche - Quercus robur
Wir fahren weiter - an Gemüse- und Obstgärten sowie Baumschulen von Zitrusfrüchten vorbei, die sich hier aufgrund des milden WInterklimas besonders gut anziehen lassen. An den Schiefersteilhängen finden wir leider aber auch die exotischen und invasiven Arten der Acacia dealbata und seit einigen Jahrzehnten auch die Intensivkulturen des Eucalyptus globulus, welche die heimische autochthone Baum- und Strauchvegetation fast vollständig ersetzt oder verdrängt haben. Besonders in der Serra da Lousã ist Acacia dealbata nach der ursprünglichen Anpflanzung als ornamentaler Straßenbaum durch die portugiesische Forstverwaltung (Guarda Florestal) zu einer invasiven Plage geworden, der an den steilen Schieferabhängen des Gebirges kaum noch beizukommen ist und wodurch die die wertvolle autochthonen Baum- und Strauchbestände wie Esskastanie (Castania sativa), Erdbeerbaum (Arbutus unedo), Viburnum tinus, Ilex aquifolium und Prunus lusitanica immer mehr verdrängt werden.



Acacia dealbata - Invasive Pflanze in Portugal

Das Gebirge von Lousã ist aufgrund des unterliegenden Schiefer- und Grauwacke-Gesteins keine fruchtbare Gegend und für die Landwirtschaft kaum nutzbar. Dennoch wurde hier in einer mühevollen Terrassenwirtschaft eine Landwirtschaft nach dem schon seit dem Mittelalter bewährten “Indoor-Outdoor”-Prinzip betrieben, wobei vor allem die in den höheren Lagen der Serra verbreiteten Erica- und Ulexgebüsche zusammen mit dem Dung aus der Tierhaltung auf die Felder ausgebracht wurden. Durch die in den Boden eingebrachte biologische Materie wurde ausser einer natürlichen Nitratdüngung eine bessere Wasserrückhaltung in den sonst leicht austrocknenden Schiefer- und Grauwacke-Boden erreicht. Da diese extensive Landwirtschaft jedoch nur für den Eigenverbrauch reichte, mussten andere wirtschaftliche Quellen genutzt werden. Diese fanden sich in den Wäldern mit Kastanien- und Baumgehölzen wie Quercus sp. (Q. robur, Q. pyrenaica e Q. suber), die hier aufgrund des feuchtmilden atlantischen Klimas besonders gut gedeihen. Sie wurden nicht nur ihrer Früchte wegen, die zum Eigenverzehr und zur Schweinezucht verwendet wurden, angebaut und kultiviert, sondern dienten auch zur Herstellung von Holzkohle. Und vor allem die Textilherstellung war im letzten Jahrhundert in der Serra da Lousã ein wichtiger und florierender Erwerbszweig - bis zu ihrem Niedergang durch die von England ausgegangene und im Rahmen der industriellen Revolution eingeleitete Automatisierung des Webereibetriebes sowie später durch den Verlust des Kolonialreiches - wobei als Primärmaterialien zur Textilherstellung Schafwolle aus der Serra da Estrela sowie Baumwolle aus den portugiesischen Kolonien dienten. Die reichen natürlichen Fliessgewässer der Serra da Lousã waren ebenfalls für diesen Erwerbsbetrieb eine unabdingbare Voraussetzung, sowohl zur Verarbeitung der Primärprodukte als auch zur Stromerzeugung..

Es existieren in der Serra da Lousã und Açor (Mata da Margaraça) sowie an den westlichen Hängen der Serra da Estrela (in der Umgebung von Loriga) kleine Enklaven von reliktären Wäldern mit Vorkommen von Portugiesischem Kirschlorbeer (Prunus lusitanica), Lorbeer (Laurus nobilis) und Stechpalme (Ilex aquifolium), die Gemeinsamkeiten mit makaronesischen Lorbeerwäldern (Laurissilva) aufweisen, und die dieses Gebiet für für den Botaniker sehr interessant machen. Aber es ist vor allem der Tourismus, auf den die Gemeinden dieser Region zur Zeit setzen und von dem sich die Bevölkerung der Region, obwohl aufgrund des weltweit zunehmenden ubiquitären Massentourismus als durchaus fragwürdig einzuschätzen, eine neue Einnahmequelle für die Zukunft verspricht.

Der Botanikprofessor Doutor Jorge Paiva von der Universität Coimbra schreibt über die Immergrüne Relikt-Flora des Lorbeerwaldes (Laurissilva) und die Arten, die davon in der Serra da Lousã überdauert haben:
Die heutige Vegetationsdecke der Serra da Lousã, ähnlich wie die der Portugiesischen Gebirge im allgemein, hat wenig mit dem zu tun, wovon man annimmt, dass es einmal ihre natürliche originelle Vegetationsdecke gewesen sei. In der Atlantischen Region, welche ganz Nordportugal und einen Teil Zentralportugals umfasst, gibt es noch Überbleibsel einer immergrünen Flora der gemäßigten Klimazonen - die Laurisilva - die vor 5 Millionen Jahren noch vor den Eiszeiten und während eines relativ warmen und feuchten Klimas die Küsten des nordwestlichen Mittelmeergebietes bedeckte. Hier finden sich noch folgende Arten dieser Vegetation:
  • Portugiesische Lorbeerkirsche (port. azereiro) (Prunus lusitanica L. subsp. lusitanica);
  • Stechpalme (port. azevinho) (Ilex aquifolium L.);
  • Königsfarn (port. feto-real (Osmunda regalis L.);
  • Lorbeerblättriger Schneeball (port. folhado) (Viburnum tinus L. subsp. tinus);
  • Efeu (port. hera) (Hedera helix L.);
  • Rhododendron (port. loendro ou adelfeira) (Rhododendron ponticum L. subsp. baeticum (Boiss.&Reut.) Hand.-Mazz);
  • Lorbeer (port. loureiro) (Laurus nobilis L.);
  • Erdbeerbaum (port. medronheiro) (Arbutus unedo L.).

Einige dieser immergrünen Florenelemente überleben in der Serra da Lousã in feuchtkühlen Nischen, in den tief eingeschnittenen Flusstälern oder geschützt durch laubabwerfende Eichen-  (Quercus spp.) oder Kastanienwälder (Castanea sativa Miller), welche die immergrünen Wälder ersetzten und die letzte natürliche Bewaldung dieses Gebirges bildeten. So nach PAIVA (1988): … die Serra da Lousã war wohl ein riesiger Eichenwald, der hauptsächlich von der Stieleiche (Quercus-robur L.) gebildet wurde und vielleicht auch, in den höheren Lagen, von der Pyrenäeneiche  (Quercus pyrenaica Willd.), durchsetzt mit Korkeichen  (Quercus suber L.) in den klimatisch wärmeren und trockeneren Gebieten. Zeugen dieser Formationen sind die Restbestände der Eichen, die sich in einigen Tälern der Serra da Lousã noch vorfinden ...
Dr. Jorge Paiva, O Coberto Vegetal da Serra da Lousã in Jornadas de Cultura e Turismo, (16-17 de Julho de 1988), Câmara Municipal da Lousã, Lousã, 1988


Stechpalme (Ilex aquifolium)  - rechts im Bild mit glänzenden Blättern -
an einem Flüsschen in der Serra da Lousã.


Lorbeerkirsche (Prunus lusitanica) (Fonte: WIkipedia)

Esskastanie (Castanea sativa)
in der Nähe von Canda, Serra da Lousã


Heute sind es vor allem die Schieferdörfer der Serra (“Aldeias do Xisto”), die eine Touristenattraktion bilden und die seit 2001 in einem regionalen Förderprogramm (FEDER) erhalten und unterstützt werden - nachdem sie in der nachkriegszeitlichen Emmigrationsperiode der 60-iger Jahre verlassen und beinahe Vergessenheit geraten waren.


Hier einige Fotos einer schönen Wanderung von der Burg von Lousã entlang des Flüsschens ‘Ribeira do S. João’ und des im Jahre 1930 in Betrieb genommenen, ältesten Wasserkraftwerks von Portugal ‘Central Hidroelectrica da Ermida’, - einen alten Kastanienhain durchquerend - bis zu dem Schieferdörfchen Talasnal. Auf den Fotos sind auch die von Efeu überwachsenen Ruinen alter Häuser von Talasnal zu sehen. Ein Teil des Dorfes ist jetzt wiederhergestellt und, durch ein Wasserleitungssystem den modernen Ansprüchen der Zivilisation angepasst, für den Tourismus erschlossen.

Burg von Lousã (Castelo de Arouce)





Dianthus lusitanus Brot. am Schieferfelsen

Das Wasserkraftwerk ‘Central Hidroeléctrica da Ermida’

Der Pfad durch den Kastanienhain
von der ‘Central Hidroeléctrica’ nach Talasnal
 
Jasione montana mit Schmetterling


Jasione montana mit Schmetterling


Ermida (Heiligtum) der ‘Senhora da Piedade’ -  
auf der rechten Seite des Flüsschens ‘Ribeira de S. Jão’



Alte Esskastanienbestände  (Castanea sativa) von Talasnal


Prunella ?grandiflora unter Genista falcata

? Prunella grandiflora

Aquilegia vulgaris subsp. dichroa


Häuserruine von Talasnal

Mit Efeu überzogene Häuserruinen des Dorfes  Talasnal




Talasnal im Wiederaufbau


Altes Schieferhaus - mit Holzbalkon - Balustrade aus Kastanienholz

Veranda im Detail


Treppengeländer aus Kastanienholz





Fotoserie von Candal -  ein ebenfalls im Wiederaufbau befindliches Schieferdorf der Serra da Lousã.
.


Dorfbrunnen von  Candal, Serra da Lousã



Schieferhäuser in  Candal

Flüsschen in Candal

Alter Kastanienhain  (Castanea sativa) von Candal


Typisches Schieferhaus in Candal















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