Eine Botanisch-Zoologische Rundreise auf der Iberischen Halbinsel.
Auf der Suche nach der Verlorenen Zeit
Von Horst Engels
Teil II - Reisestationen
Reisestationen der Botanisch-Zoologischen Rundreise um die Iberische Halbinsel[1]
Auszug einer ‘Karte zu Böden und Vegetation der Iberischen Halbinsel’ in “Strand- Und Steppengebiete der Iberischen Halbinsel...” (WILLKOMM, M. (1852)[2]
2.5 Die Nördlichen Gebirge Portugals
2.5.1 Serra da Lousã und Serra do Açor
2.5.2 Serra da Estrela
2.5.3 Serra do Caramulo und Serra de Freitas
2.5.4 Serra do Marão und Alvão
2.5.5 Serra do Gerês
2.5.6 Serra de Montesinho und Nogueira
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2.5 Die Nördlichen Gebirge Portugals (Northern Serras of Portugal)
Von den ‘Terras de Sicó’ aus, die noch der Bacia Lusitânica angehören, begeben wir uns nun in die Serra de Lousã, einem herzynischen Gebirge, das wir vom Aussichtspunkt in Chanca (‘Terras de Sicó’) schon in der Ferne als Silhouette erblicken konnten.
Das Schiefergebirge der Serra de Lousã ordnet sich geologisch in die Variszische (Herzynischen) Orogenese[3][4] ein und bildet den westlichen Ausläufer des Iberischen Scheidegebirges. Das Iberische Scheidegebirge[5]., im Zentrum der Iberischen Halbinsel, trennt die Iberische Meseta[6] (die Zentraliberische Hochebene) in eine nördliche und eine südliche Ebene (Neukastilien und Altkastilien). Die hohen Gebirge dieser variszischen Gebirgskette wie die Serra da Estrela (Portugal) oder die Sierra de Gredos und die Sierra de Guadarrama (Zentralspanien) sind in einer zweiten orogenen Reaktivierungsphase der herzynischen Frakturierungen des Iberischen Massivs durch Auffaltungen und teilweise stufenweise Anhebungen (wie im Falle der Serra da Estrela) während der Alpidischen Orogenese[7] entstanden.
Die variszische oder variskische Orogenese ist eine Phase der Gebirgsbildung (Orogenese) im mittleren Paläozoikum (Erdaltertum), die durch die Kollision von Gondwana und Laurussia sowie mehrerer von Gondwana abstammender Mikroplatten (Terranes) verursacht wurde. Damit ging vermutlich die Subduktion ganzer Ozeanbecken einher.
Während der variszischen Orogenese kam es zur Kollision mehrerer Mikrokontinente (siehe auch: Armorica) mit dem bereits vorhandenen Nordkontinent. Dies führte in Europa nach teilweiser flacher Meeresüberflutung zur Auffaltung eines Systems von Hochgebirgen, die in mehreren Phasen vom Devon bis zum Ende des Paläozoikums dauerte. Die Reste dieser Orogene finden sich als Rumpf- und Mittelgebirge in West- und Mitteleuropa oder auf der Iberischen Halbinsel wieder.
Die Iberische Meseta ist wiederum ein Teil der Iberischen Platte[8], die mit dem Kontinentalfragment (“Mikrokontinent”) Iberia nicht nur die Iberische Halbinsel umfasste, sondern auch Korsika, Sardinien, die Balearen und die Briançonnais-Zone der Penninischen Decken der Alpen. Heute bildet die Iberische Platte einen Teil der Eurasischen Platte[10].
Orogenesen während des Paläozoikums (Quelle: Wikipedia)
Die Iberische Platte entstand während der Cadomischen Orogenese[11], die der Kaledonischen[12] und Variszischen Orogenese zeitlich noch vorangeht, im späten Neoproterozoikum (ca 650-550 mya) am Rande des Gondwana-Kontinents durch die Kollision und Akkretion[13] der Inselbögen der Zentral-Iberischen-, Ossa-Morena- Und Süd-Portugiesischen Platten. Diese drei Platten haben sich seit diesem Zeitpunkt nicht mehr getrennt und sind werden heute als Zentral-Iberische, Ossa-Morena- und Süd-Portugiesische Zonen beschrieben (LÓPEZ-GUIJARRO et al. 2008)[14].
Die wichtigsten Strukturen der Variszischen (Herzynischen) Orogenese in Europa.
Die alpidische Orogenese dagegen bezeichnet die bislang letzte globale Gebirgsbildungsphase der Erdgeschichte, in der auch die Alpen gebildet wurden. Auf der Iberischen Halbinsel sind vor allem die Iberischen Randgebirge wie die Kantabrischen Gebirge mit den Picos de Europa, die Pyrenäen und die Sierra Nevada der Alpidischen Orogenese zuzuschreiben.
Der Prozess dieser Orogenese reicht von der Kreidezeit über die stärkste Hebungsphase im Miozän vor etwa 20 Mio. Jahren bis in die Neuzeit, umfasst eine Zeitspanne von rund 100 Mio. Jahren, und klingt seit etwa 5 Mio. Jahren ab. Die Eiszeiten des Pleistozäns in den letzten 2 Mio. Jahren prägten dann wesentlich das Aussehen der heutigen Gebirge.
Bei dieser Gebirgsbildung wurde der Alpidische Gebirgsgürtel (auch Alpidische Gebirgssystem genannt) mit Atlas, Pyrenäen, balearischen Inseln, Alpen, Karpaten, Apenninen, Dinarisches Gebirge, Rhodopen, Balkan, Taurus, Kaukasus, Zāgros, Kuhrud, Elburs, Kopet-Dag, Suleiman Gebirge, Hindukusch, Karakorum, Himalaya bis zu den westlichen Gebirgen Indochinas und Malaysias geformt. Die Amerikanische Kordillere entstand ebenfalls durch plattentektonische Vorgänge dieser Zeit, deren Bildung wird aber als eigenständige Orogenese betrachtet.
Alpidischer Gebirgsgürtel im Mittelmeerraum (Quelle: Wikipedia)
Diese Orogenesen führten zum heutigen Bild der Topographie und Geologie der Iberischen Halbinsel und zu den Gebirgsketten in ihrer heutigen Form. Im Folgenden wollen wir einige der Gebirgsregionen Nordportugals besuchen, vor allem solche, die als “plant hunting regions” im “Polunin & Smythies” aufgeführt sind.
Für die Gebirge des Zentralmassivs, zu denen die Serra da Lousã, die Serra da Estrela und die Serra da Malcata in Portugal gehören, ist das Auftreten von Schiefern und Grauwacken an den Sockeln und am Rande der Gebirge charakteristisch, während die höheren Lagen und die Gipfel meistens aus herzynischen Graniten bestehen, die während der Alpidischen Phase angehoben wurden und der Erosion Widerstand geleistet haben. Die höheren Lagen sind durch das Pleistozän, vor allem die letzte Kaltzeit (Würm)[16], stark geprägt und Spuren von Vergletscherungen sowie die Ausformung von Gletschertälern sind in der Serra da Estrela gut erkennbar.
Trogtal “Vale Glaciar do Zêzere” na Serra da Estrela
Ausschnitt (Mittel- und Nordportugal) aus der
Ausschnitt (Serra da Lousã, Serra da Estrela, Serra da Gardunha und Serra da Malcata) aus der
Karte der Geologie von Portugal (Atlas do Ambiente, 1995)
Wir beginnen unseren Besuch der Nördlichen Gebirge Portugals jedoch mit der Serra da Lousã, die kaum granitische Felsen aufweist und hauptsächlich aus Schiefern und Grauwacken besteht. Sie erreicht auch mit 1204 m NN nicht die Höhe der Hauptgebirge der Zentraliberischen Kordillere.
[1] Die
“Reisestationen” dieser Arbeit wurden in Anlehnung an die
“Plant-Hunting Regions” bei Polunin & Smythies (Reisestationen
entsprechend der “Plant Hunting Regions” in: POLUNIN, Oleg; SMYTHIES,
Bertram E. Flowers of South-West Europe. Oxford University Press, 1973.
(New edition: Oxford University Press, 1988.) ausgewählt, aber für
Portugal um einige neue Stationen (Alentejo; Serra da Lousã; Douro
Internacional; Serra Montesinho) ergänzt bzw. erweitert.
[2] WILLKOMM, M. (1852): Die Strand- und Steppengebiete der iberischen Halbinsel und deren Vegetation. Leipzig 1852. https://docs.google.com/file/d/0B8_sxyigdF7Qd0NRVkdKdDFCUTg/edit?usp=sharing
[3] Die Gebirgsbildung oder Orogenese (zusammengesetzt aus den griechischen Wörtern ὄρος óros ‚Berg‘ und γένεσις génesis ‚Entstehen, Zeugung, Geburt‘) wird durch tektonische Vorgänge verursacht,
die in vielen Fällen direkt durch die Verschiebung von
Kontinentalplatten erzeugt werden. Spezialfälle der Orogenese betreffen
die Bildung von Bruchschollengebirgen und Bruchfaltengebirgen, die nicht direkt durch die Verschiebung von Kontinentalplatten erzeugt werden.
Eine Orogenese wurde früher als ein zeitlich begrenzter Vorgang verstanden, da nur die das Gefüge der betroffenen Gesteine bestimmenden Vorgänge betrachtet wurden.[1] Die Untersuchung aktiver Orogene wie etwa der Gebirge an der pazifischen Küste Amerikas zeigt jedoch, dass es sich um oft zeitlich ausgedehnte und andauernde Vorgänge handelt.
[4] Die variszische oder variskische Orogenese ist eine Phase der Gebirgsbildung (Orogenese) im mittleren Paläozoikum (Erdaltertum), die durch die Kollision von Gondwana und Laurussia sowie mehrerer von Gondwana abstammender Mikroplatten (Terranes) verursacht wurde. Damit ging vermutlich die Subduktion ganzer Ozeanbecken einher.
[7] Die Alpidische Orogenese bezeichnet die bislang letzte globale Gebirgsbildungsphase der Erdgeschichte, in der auch die Alpen gebildet wurden. Der Prozess dieser Orogenese reicht von der Kreidezeit über die stärkste Hebungsphase im Miozän vor
etwa 20 Mio. Jahren bis in die Neuzeit, umfasst eine Zeitspanne von
rund 100 Mio. Jahren, und klingt seit etwa 5 Mio. Jahren ab. Die
Eiszeiten des Pleistozäns in den letzten 2 Mio. Jahren prägten dann wesentlich das Aussehen der heutigen Gebirge. Bei dieser Gebirgsbildung wurde der Alpidische Gebirgsgürtel (auch Alpidische Gebirgssystem genannt) mit Atlas, Pyrenäen, balearischen Inseln, Alpen, Karpaten, Apenninen, Dinarisches Gebirge, Rhodopen, Balkan, Taurus, Kaukasus, Zāgros, Kuhrud, Elburs, Kopet-Dag, Suleiman Gebirge, Hindukusch, Karakorum, Himalaya bis zu den westlichen Gebirgen Indochinas und Malaysias geformt. Die Amerikanische Kordillere entstand ebenfalls durch plattentektonische Vorgänge dieser Zeit, deren Bildung wird aber als eigenständige Orogenese betrachtet.
[9] Das
Penninikum wird eingeteilt in die Oberen, Mittleren und Unteren
Penninischen Decken sowie die Subpenninischen Decken. Die Oberen
Penninischen Decken stammen aus dem Bereich des Piemont-Ligurischen
Ozeans, die Mittleren aus dem Briançonnais-Sporn des Iberischen
Kontinents, die Unteren aus dem Valais-Ozeanbecken.
[11] Die Cadomische Orogenese (auch Assyntische Orogenese) ist eine Gebirgsbildungsphase, die während des späten Neoproterozoikums vor etwa 650-550 Mio. Jahren am Nordrand von Gondwana und am (späteren) Ostrand von Baltica zur Bildung eines Akkretionsorogens führte.
[12] Die Kaledonische Orogenese ist die ältere der beiden mehrphasigen Gebirgsbildungen des nordamerikanisch-europäischen Paläozoikums. Sie begann im Ordovizium und hatte ihren Höhepunkt im Silur. „Kaledonisch“ stammt vom lateinisch-keltischen Namen Caledonia für Schottland. https://de.wikipedia.org/wiki/Kaledonische_Orogenese
[14] LÓPEZ-GUIJARRO,
Rafael, et al. Ediacaran–Palaeozoic tectonic evolution of the Ossa
Morena and Central Iberian zones (SW Iberia) as revealed by Sm–Nd
isotope systematics. Tectonophysics, 2008, 461.1: 202-214. (Download)
[16] Die Würm-Kaltzeit, auch Würm-Glazial, Würmeiszeit oder Würmzeit genannt, ist die Bezeichnung der letzten Kaltzeit im Alpenraum. Sie ist die bisher jüngste der im Alpenraum aufgetretenen großräumigen Vergletscherungen, die über die Alpen selbst hinausgingen. Sie ist, wie die meisten anderen Kaltzeiten des Pleistozäns, nach einem Fluss benannt, nämlich der Würm in Bayern, einem Nebenfluss der Amper.
Die Würm-Kaltzeit kann auf den Zeitraum von etwa 115.000 bis 10.000
Jahre vor heute datiert werden, wobei die Angaben differieren, je
nachdem, wie die langen Übergangsphasen zwischen Glazialen und Interglazialen (Warmzeiten) der einen oder der anderen Periode zugeordnet werden. Die Jahresmitteltemperaturen während der Würm-Kaltzeit betrugen im Alpenvorland unter −3 °C (heute +7 °C). Dies wurde durch Veränderung der Vegetation (Pollenanalyse) sowie Faziesdifferenzierungen festgestellt.
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